1. Weltkrieg: Waffenstillstands-Verhandlungen zwischen Frankreich/England und Deutschland am 11. November 1918 in einem Eisenbahn-Salonwagen im Wald von Compiègne.
Fünfter von links stehend: der später ermordete deutsche Verhandlungsführer ->Matthias Erzberger. (1)
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Die Kriegsbegeisterung in Deutschland
war die Ursache für den 1. Weltkrieg von 1914 – 1918. Das Volk glaubte, sich im Kampf um die Vorherrschaft in Europa gegen die starken Mächte Russland, Frankreich und England
verteidigen zu müssen.
Die politische Führung unter Kaiser Wilhelm II. wollte den für unvermeidlich gehaltenen Krieg in Europa entfesseln.
Der überwiegende Teil der deutschen Bevölkerung unterstützte die Angriffslust von Regierung und Reichswehr. Es wurden Gottesdienste gefeiert und Gottes Beistand für diesen Waffengang
erbeten. Die Menschen versammelten sich in den Straßen, sie jubelten ihren Soldaten zu, und die Soldaten fuhren lachend und winkend in Richtung Front – in Bahnwaggons, auf die sie mit Kreide
Sprüche geschrieben hatten wie "Auf zum Preisschießen nach Paris!“
Jubel für einen vermeintlich kurzen Kriegsausflug nach Paris. August 1914.(2)
Deutschland erklärte Russland und Frankreich den Krieg. Als erstes überfielen deutsche Truppen ohne Kriegserklärung das neutrale Belgien, um sich dann gegen Frankreich zu wenden. -> Schlieffenplan
Schlacht um Verdun 14. März 1916. Angriff deutscher Infanteristen auf die Höhe Toter Mann.(3)
Jahrelanger Stellungskrieg zermürbte die Soldaten. (4)
Der Betrug der Heerführer
Umso herber war die Enttäuschung, als nach 4 Jahren Stellungskrieg in Schützengräben und ca. 2,5 Mio. gefallener deutscher Soldaten der mitverschuldete Krieg verloren zu gehen drohte.
Die Oberste Heeresleitung vermied es, die drohende Niederlage öffentlich einzugestehen. Auf keinen Fall wollten sie selbst mit den Feinden verhandeln. Kurz vor Kriegsende bildeten
„Mehrheitssozialisten“ die Reichsregierung in Berlin. Diese wurden von den Generälen Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff am 29. September 1918 aufgefordert, an ihrer
Stelle den zu erwartenden Waffenstillstandsvertrag abzuschließen. So wollte die Oberste Heeresleitung rechtzeitig die Schuld am verlorenen Krieg auf die Politiker abwälzen. (5)
Drückte sich vor Waffenstillstandsverhandlungen. Die Oberste Heeresleitung: ->von Hindenburg, Kaiser Wilhelm II, ->Ludendorff, 1917. (6)
Die Lüge vom Dolchstoß
Es entstand die Legende, das Deutsche Heer sei „im Felde unbesiegt“.-> „November-Verbrecher“ (Sozialdemokraten, Kommunisten und das „Weltjudentum“) wären dem kämpfenden Heer mit „unnötigen“
Waffenstillstandsverhandlungen in den Rücken gefallen. Der ->„Dolchstoß“ der Demokraten "in den Rücken der kämpfenden Truppe" habe die Schuld am sogenannten „Schandvertrag“ von
Versailles vom 28. Juni 1919. Im Friedensvertrag von Versailles musste Deutschland schmerzhaften Gebietsabtretungen, Reparationsleistungen bis 1988 und eine Reduzierung
der Reichswehr auf 115.000 Mann zustimmen. (8)
Karikatur aus 1924: Politiker wie Scheidemann und Erzberger hätten die kämpfenden Truppen „hinterrücks erdolcht“. (9)
Antisemitische Version der Dolchstoß-Legende um 1935. (10)
Die Mehrheit der Deutschen wollte die Niederlage im Ersten Weltkrieg nicht hinnehmen. Die von der Nationalversammlung am 14. August 1919 beschlossene fortschrittliche demokratische
Reichsverfassung wurde auch deshalb nie vom ganzen deutschen Volk akzeptiert. Alle warteten auf das, was nach der ->„Weimarer Republik“ kommen würde. („Weimarer Republik“ = wegen der unsicheren politischen
Situation in Berlin erfolgte die Gründung der Nationalversammlung in Weimar). (11)
14 Jahre zwischen 1918 und 1932 reichten nicht aus, um die Demokratie in Deutschland zu sichern.
Hitlers Plan
Anfang der 20er Jahre war die Nationalsozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (NSDAP) eine unbedeutende Splitterpartei. Ihr Parteiführer Adolf Hitler nahm die Lüge
„Dolchstoß-Legende“ nur zu gern auf. Die sogenannten „Novemberverbrecher“ machte er - genauso wie die meisten national-konservativ eingestellten Deutschen – für die
Verarmung breiter Schichten zu Beginn der 1920er Jahre verantwortlich.
Opfer des Krieges. Kriegsversehrter Offizier 1923. (12)
Extreme Geldentwertung als Folge der Kriegswirtschaft und der Reparationszahlungen: Verarmte Bevölkerung. 1929. (13)
In einem 25-Punkte-Programm der NSDAP beschrieb Hitler ein Großdeutsches Reich und verlangte den Bruch des Versailler Friedensvertrages, die Aberkennung der Staatsbürgerschaft für Juden und einen autoritär geführten Staat mit gelenkter Presse und Zensur. Neonazis beziehen sich noch heute darauf.
Tödliche Anschläge
An den politischen Rändern der Weimarer Republik brodelte es. Die Kommunisten träumten von einer Revolution wie in Sowjetrussland, die Rechten erstrebten eine Rückkehr zum Kaiserreich oder einem
autoritären Staat bzw. ein völkische Diktatur. Sozialdemokraten und liberale Parteien stützten – letztlich erfolglos – die Weimarer Republik. (13)
1925. Gedenken an die Ermordung des jüdischen
Außenministers -> Walther Rathenau durch Antisemiten. (14)
Bewaffnete Freikorps aus ehemaligen Soldaten und Zivilisten kämpften gegen Arbeiter- und Soldatenräte, ermordeten die Anführer der KPD wie Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Antisemiten erschossen den jüdischen deutschen -> Außenminister Rathenau, Rechtsextremisten aus Rache den Verhandlungsführer des Waffenstillstands mit Frankreich ->Matthias Erzberger.
In Hannover fanden 1921 und 1922 Massenproteste mit bis zu 100.000 Teilnehmern statt. Hitler versuchte 1923 in Bayern, zusammen mit dem ehemaligen Heerführer Erich Ludendorff, gewaltsam an die Macht zu kommen und scheiterte. Hitler wurde zu 5 Jahren Festungshaft verurteilt, von denen er 9 Monate absaß.
-> Hitlers Putschversuch in München 1923. Reichswehrsoldaten mit Hakenkreuzbinden verhafteten Münchener Stadträte.(16)
Während dieser Zeit schrieb er „Mein Kampf“, das Buch, das alle Absichten hinsichtlich Krieg und Vernichtung der Juden beschrieb. Bis einschl. 1933 wurden über 1 Mio. Exemplare verkauft. Alle hätten Bescheid wissen können, wenn sie es nur gewollt hätten. (15)
Hakenkreuze an der Synagoge Bergstraße
Die NSDAP zeigte gemeinsam mit „völkischen“ und „national gesinnten Gruppen“ offen ihren Judenhass. Im Juli 1927 beschmierten Parteigenossen die Synagoge in der Bergstraße mit riesigen
Hakenkreuzen und Parolen wie „Schlagt die Juden tot!“. Jüdische Geschäfte in Hannover wie Emanuel & Sternheim verunglimpften sie als „Raubinstitute“. (17)
Sehnsucht nach einem starken Führer, der „alle Probleme löst“.
Bei den Reichstagswahlen 1928 erhielt die NSDAP nur 2,6 % der Stimmen. Die extreme Arbeitslosigkeit während der Weltwirtschaftskrise 1929 und die ständig wechselnden Regierungen 1930 - 1933
verunsicherten die Deutschen. Viele Deutsche suchten Sicherheit bei einem „starken“ Führer, der einfache Antworten auf komplexe Probleme gab. Ein „Anführer“, der ihre Sehnsucht nach einem
mächtigen Deutschland wie vor 1918 erfüllen wollte. Ein Deutschland ohne Demokratie, ohne Rechtsstaat, ohne Freiheit des Einzelnen.
Wahlkampf am 31. Juli 1932. (18)
Deshalb gaben die Wähler am 6.11. 1932 bei den Reichstagswahlen in Hannover der NSDAP 34,9 % der Stimmen. Hitler kam 3 Monate später, am 31. Januar 1933, auf legalem Wege in einer Koalition mit nationalkonservativen Parteien an die Macht. So hatte er es 1926 anlässlich der Einführung des „Hitlergrußes“ vorausgesagt. (19)
Auf einen Blick:
Die Deutschen begeisterten sich für den 1. Weltkrieg. Als er verloren zu gehen drohte, baten die Generäle der Reichswehr um Waffenstillstand. Anschließend
behaupteten sie, „im Felde unbesiegt zu sein“.
So wälzte die deutsche Heeresführung die Schuld für den darauf folgenden, für Deutschland erniedrigenden „Friedensvertrag von Versailles“ auf die
Demokraten ab (Dolchstoß-Legende).
Diese Lüge ermöglichte den Aufstieg der Nationalsozialisten.
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