Ballhofplatz 1939: Das Heim der Hitler-Jungen (links) und das Heim des Bundes Deutscher Mädel (ganz rechts, nicht im Bild) wurden mit einer Parade der Hitler-Jugend eröffnet. Die Nationalsozialisten hatten zuvor Teile der dicht besiedelten Altstadt niedergerissen, um Wohnraum für „rassisch wertvolle Volksgenossen“ zu schaffen. Historisches Museum Hannover, HAZ-Hauschild-Archiv, 055472_120256
„In unseren Augen muss der deutsche Junge der Zukunft schlank und rank sein, flink wie Windhunde, zäh wie Leder und hart wie Kruppstahl“. Rede Hitlers am
Reichsparteitag 14.9. 1935
Adolf Hitler war ein schwacher Schüler. Er blieb zweimal sitzen und verließ die Realschule in Steyr (Österreich) ohne Abschluss. Dementsprechend besaß er eine schlechte Bildung. Er
las gern antisemitische Schriften und machte für den „Deutschland aufgezwungenen“ Ersten Weltkrieg und für die anschließende Niederlage Deutschlands vor allem Kommunisten, Demokraten und
die angebliche „jüdische Weltverschwörung“ verantwortlich. Begeistern konnte er sich an der Vorstellung, dass die Deutschen von „Ariern“ abstammen – einem prähistorischen Krieger-Volk, dass 2000 bis 1500 v.Chr. von Indien/Iran nach Skandinavien und Deutschland gewandert sein
soll – wissenschaftliche Belege gibt es dafür bis heute nicht. (Lewis: Die Geschichte der Hitler-Jugend)
Die Idee der Hitler-Jugend: Die „Herrenrasse“ der Arier sollte allen anderen „Rassen“ und Völkern (insbesondere
Juden, aber auch Slawen, die sie als Untermenschen bezeichneten) körperlich und geistig überlegen sein. Als echte Arier galten blonde und blau-/braunäugige Menschen mit bestimmter
Kopfform. Arier – so die Meinung der Nationalsozialisten – besäßen das „natürliche Recht“, ihrer Meinung nach „minderwertige“ Völker zu unterdrücken.
Der Glaube an die Überlegenheit des „Deutschen Blutes“ in der Welt führte dazu, dass Hitler und die Nationalsozialisten ein 1000jähriges „Drittes Reich“ vorbereiteten mit der Hauptstadt Germania als Mittelpunkt der Welt. Und um die Zukunft dieses 1000jährigen Reiches zu sichern, bräuchten sie eine starke, kampfbegeisterte Jugend, die „körperlich, geistig und sittlich im Geiste des Nationalsozialismus“ (Organisationshandbuch der NSDAP 1943) erzogen werden sollte. Die Hitler-Jugend sollte die Fackel der Nazi-Ideologie durch die Jahrhunderte weiterreichen.
Hitler-Jugend: Vorbereitung auf den Kampf
Nach der Machtübernahme der Nazis wurden im Juli 1933 alle Deutschen Jugendverbände aufgelöst und
in das Deutsche Jungvolk ( Hitler-Jugend = (HJ) und Bund Deutscher Mädel = BDM) eingegliedert. Geschickt nutzten die Nationalsozialisten den Geltungsdrang junger Menschen gegenüber älteren: In der Hitler-Jugend galt das Prinzip „Jugend führt Jugend“. Nicht Lehrer oder Sporttrainer, sondern gleichaltrige Jungen und Mädchen führten die Jugendgruppen der Hitler-Jugend an. Sportliche Wettkämpfe förderten männliche Aggressivität: Stoßen, Schlagen, Geländespiele standen im Vordergrund. 14– bis 18-Jährige ließen sich von Angeboten wie Sportgewehr schießen, Segelfliegen, Flugmodelle bauen, Motorradfahren, Reiten, Segeln faszinieren.
Mädchen im Bund Deutscher Mädel übten sich im Sport, in der Hauswirtschaft, in der Krankenpflege und beim Basteln. Sie wurden vorbereitet auf ihre künftige Rolle als Ehefrauen von Soldaten und Mütter möglichst vieler Kinder.
Hitler-Jugend: der Erwerb von Wissen als weniger wichtig
Die Hitler-Jugend war der Schule und dem Elternhaus gleichgestellt. Vermittlung von abstraktem Wissen hatte in der Hitler-Jugend keinen
Platz – im Vordergrund stand die Ausbildung zum Soldaten: Einüben von Befehl und Gehorsam, Kameradschaft, Disziplin und Selbstaufopferung für die Gemeinschaft. Die Schulen wurden ab
1939 gesetzlich (Zweite Durchführungsverordnung zum HJ-Gesetz (Reichsgesetzblatt 1939, S. 710) wurde am 25. März 1939 gezwungen, klassenweise
Schülerinnen und Schüler in HJ und BDM zu überführen. Eltern, die sich weigerten, mussten mit Strafen rechnen. 1939 waren nahezu alle ca. 8,7 Mio. Jungen und Mädchen Mitglied in HJ
oder BDM. In Hannover gehörten fast 60.000 der Hitler-Jugend an.
Hitler-Jugend: Vorbereitung auf den Krieg
Mit ihrer vormilitärischen Ausbildung diente die HJ immer stärker der Rekrutierung von Soldaten. Zum HJ-Dienst kamen während des Zweiten Weltkrieges verstärkt Aufräumaktionen, Luftschutzdienst
und Sammelaktionen für Kleider, Altmetall oder für das Winterhilfswerk (WHW) hinzu. 16-Jährige wurden Helfer der Flugabwehr-Soldaten, 17-Jährige starben zu Tausenden als
Panzergrenadiersoldaten im Kampf gegen die Alliierten.
16:7 Minuten
"Hitler-Jugend in Hannover - Kinder-Soldaten der
Nationalsozialisten".
Dieser Kurz-Film zeigt, wie 10- bis 18-Jährige mit Uniformen, Geländespielen und Schießübungen auf die Kriegspläne Hitlers vorbereitet wurden - und es nicht bemerkten. Sie sangen
begeistert "...heute hört uns Deutschland, morgen die ganze Welt!" (Aus dem Lied der Hitlerjugend von Hans Baumann: "Es zittern die morschen Knochen")
oder "... die Fahne ist mehr als der Tod".
Die deutschen Überfälle auf halb Europa ab 1939 beantworteten Engländer und Amerikaner mit fürchterlichen Bombenangriffen auf Hannover. 10-jährige Hitler-Jungen mußten Brandmelder
werden. Schülerinnen und Schüler zwischen 15 - und 17 Jahren ersetzten als Flugabwehr-Helfer unter Lebensgefahr zur Front abkommandierte Soldaten - und waren damit komplett
überfordert. Viele starben. Das schlimmste Beispiel für die mißbrauchten Kindersoldaten der Nazis: Jugendliche "Wehrwölfe" wurden aufgefordert, sich in den letzten Kriegstagen hinter
die Front der anrückenden Amerikaner zu schleichen und Sabotage-Akte zu verüben...
1:53 Minuten.
Ballhof-Gebäude Hannover - von wem stammt der Spruch?
Seit 75 Jahre rätselt man in Hannover, was der geschnitzte Spruch im Fachwerk des Ballhofgebäudes bedeutet. Von wem stammt er? Jetzt wurde das Rätsel gelöst....
Die Uniformen der HJ ähnelten denen der SA – der Sturm-Abteilung der NSDAP, einer berüchtigten Schlägertruppe. Jedes Mitglied der Hitler-Jugend verpflichtete sich, auf eigene Kosten die HJ-Uniform zu kaufen und zum Dienst zu tragen. Alltags musste das HJ-Abzeichen an die Kleidung geheftet werden. Organisationsbuch der NSDAP 1943
Hitler meinte: Nur die Hitler-Jugend und der BDM seien in der Lage, den national-sozialistischen Staat mit aufzubauen. Deshalb wurden die bestehenden Jugend-verbände gezwungen, der Hitler-Jugend beizutreten. Jüdische und sozialistische Jugendorganisationen waren ausgeschlossen. Das Plakat aus dem Jahre 1935 zeigt, wie zwei Hitler-Jungen „Schädlinge“ vertreiben: die kleinen Personen kann man als Juden, christliche Pfadfinder oder Mitglieder der kommunistischen oder sozialdemokratischen Jugendverbände sehen, die von den übergroßen Nazis zertreten werden sollen.
Laut 17.05. 1939 Laut Volkszählung vom 17.05. 1939 hatte Hannover ca. 472.000 Einwohner. Ca. 58.000 (= 12,3 %) 10 - 18jährige Jungen und Mädchen waren gezwungen, Mitglieder in der Hitler-Jugend zu sein.
„HJ-Heime ersetzen die Sturmlokale der SA in der Kampfzeit.“ (Völkischer Beobachter 19.1.1937.) Um den nationalsozialistischen Unterricht nach der Schule zu
gewährleisten, mussten die Städte und Gemeinde neue Heimgebäude errichten oder vorhandene Gebäude zur Verfügung stellen. Hitler-Jungen werben 1937 für HJ-Heime in Hannover-Waldheim,
Roßkampstraße/Ecke Dittmerstraße.
Historisches Museum Hannover 065337, 1937
Karikatur in der Niedersächsischen Tageszeitung 10. Juli 1937: Wer in der Hitler-Jugend nicht mitmachte, galt als „Muttersöhnchen“ und wurde schief angesehen. Stadtarchiv Hannover, NR 103
Wissen + Verstehen = Anwenden
Lesezeit: 60 Sekunden
Mit Gleichaltrigen Dinge tun, die bisher Erwachsenen vorbehalten waren, das faszinierte viele Jungen in den dreißiger Jahren: der Umgang mit Waffen, kraftvolles
Auftreten in Marschkolonnen, Tragen von Uniformen und Ehrenzeichen, als 1oJähriger zum Führer einer Jungenschaft und später vielleicht zum Jungbannführer aufzusteigen.
Man konnte Segelfliegen, Segeln, Motorradfahren, Funken lernen und Geschick und Körperkraft bei Geländespielen „Blau gegen Rot“ beweisen.
Besonders wichtig: Hitlers Anordnung „Jugend führt Jugend“ machte frei von der „lästigen Bevormundung“ durch Eltern und Lehrern.
Die meisten Eltern begrüßten Sport zur Ausbildung eines gesunden Körpers ihrer Kinder. Das eigentliche Ziel, die frühe Ausbildung zum Soldaten, wurde nicht
bemerkt oder verdrängt und verschwiegen. Kaum jemand machte sich Gedanken über das Ziel der vormilitärischen Ausbildung: die Jugend ausnahmslos auf den Angriffskrieg eines
verbrecherischen Regimes vorzubereiten.
Woran erkennt man heute rechtsgerichtete Jugendgruppen?
An gewaltverherrlichenden Texten von hardcore-, heavy-metal und anderen Stilrichtungen. An Klamotten von Alpha Industries, Lonsdale und Thor Steinar.
(Selbstverständlich sind nicht alle, die Kleidung dieser Hersteller tragen rechtsgerichtet - allerdings werden diese Marken von rechtsgerichteten Jugendlichen und Erwachsenen "als Ausweis für
ihre Gesinnung" bevorzugt. Hinzu kommt: viele rechtsgerichtete Jugendliche wollen sich seit einiger Zeit äußerlich nicht von der "normalen" Masse abheben und sich damit bewußt dem
bürgerlichen Mainstream angleichen. Ziel: rechtsextrem = bürgerlich). An Aufnähern – z. B. “Deutschland den Deutschen”. An Codes – zum Beispiel: 18 = AH = Adolf Hitler, 28 = BH = Blood
& Honour (verbotene rechtsextreme Organisation),74 = GD = Großdeutschland, 19/8 = SH = Sieg Heil.