Hitler-Jugend-Heime

Das 1939 eröffnete Hitler-Jugend-Heim Ballhofplatz galt als schönstes Hitler-Jugend-Heim Deutschlands. Um das historische Ballhof-Gebäude (Mitte) - es diente als Vortrags- und Versammlungsraum - wurden das Heim für die Hitler-Jugend (links) und das Heim für den Bund Deutscher Mädel (rechts) errichtet. Am Heim für den Bund Deutscher Mädel befindet sich ein Spruch des nationalsozialistischen Dichters Georg Stammler und an einem Kapitell links vom Eingang die Sigrune (Symbol des Deutschen Jungvolks) und eine Wolfsangel. Der Spruch aus dem Jahre 1939 fordert die Jugend auf, "... den Mut zu haben, neue Wege zu gehen" -  aus der Sicht der Nationalsozialisten eine direkte Aufforderung zur Unterdrückung, zur Eroberung anderer Völker und zum Massenmord an Juden, Sinti und Roma. Das Zeigen der Sigrune und der Wolfsangel ist nach § 86a des Strafgesetzbuches verboten. "Ballhofplatz mit HJ-Heim" Ansichtskarte Nr. C 170, F. Astholz, circa 1939


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Obergauführerinnen-Schule: beschlagnahmtes jüdisches Eigentum

Villa Gumpel,  Zeppelinstraße 6, im Zooviertel. Erbaut 1914. Obergauführerinnenschule ab 1937. Stadtarchiv HB4832

Auf die Villa des Kommerzienrats Julius Gumpel in der Zeppelinstraße 6  hatte es die Obergauführerin Elisabeth Brämswig abgesehen. Denn die großen Räume mit zwei Rund-Erkern im Erdgeschoss im vornehmen hannoverschen Zooviertel eigneten sich hervorragend als Schulungsort für den Führungsnachwuchs im Bund Deutscher Mädel.  

 

Dass die Villa einem Hannoveraner jüdischen Glaubens gehörte – Juden waren nach den "Nürnberger Gesetzen"  von 1935 keine Reichsbürger mehr und konnten staatlich verfolgt werden - erleichterte 1936 die Beschlagnahme der Villa in der Zepplinstraße 6 und einer benachbarten, dem Sohn Kurt Gumpel gehörenden Villa  in der Corviniusstraße 5 B durch die NSDAP.  Zuvor hatte die SS mehrfach ergebnislos Hausdurchsuchungen durchgeführt - aus reiner Schikane.

Kommerzienrat Julius Gumpel        Ausschnitt Adressbuch 1937

In der 1913/14 vom hannoverschen Architekten Mackensen und Torno für Julius Gumpel entworfenen Villa Zepplinstraße 6  wurden nun 14- bis 18-jährige Mädchen in Rassenlehre, nationalsozialistischer Weltanschauung, in Haushaltsführung und auf Sportplätzen in Körperertüchtigung ausgebildet, um dieses Wissen in den Mädelschaften, Mädelscharen, Mädelgruppen und Mädelringen weiterzugeben. Stadtarchiv HB4832

Schulungsräume in der beschlagnahmten Villa Zeppelinstraße 6. Sammlung Dr. Heiko Arndt

Auf Drängen von Obergauführerin Brämswig erklärte sich die Stadt Hannover 1940 bereit, eine  Gauführerinnenschule mit Haushaltsschule am Nackenberger Friedhof Nähe Annastift zu planen und zu finanzieren. Es blieb bei der Planung.

Entwurf Lageplan Gauführerinnenschule am Nackenberg. StadtA  H 1.HR19, Nr. 422

 

Das Vermögen von Julius "Israel" Gumpel wurde am 1. Juli 1942 eingezogen.

Die Nazis pferchten ihn zusammen mit hunderten anderer hannoverscher Juden in sogenannte  "Judenhäuser" -

in der Ohestraße 9 und später in der Ellernstraße 16.

Dr. Marlis Buchholz: Die hannoverschen Judenhäuser, Seiten 140 und 228, Verlag August Lax,Hildesheim 1987

Der Regierungspräsident von Hannover zieht das Vermögen des Juden Julius Gumpel ein. NLA  HA Hann.210, Acc.2004/023 Nr.1220

Am 23.7. 1942 wurde der 76-jährige Julius Gumpel zusammen mit 584 jüdischen Menschen über die ->Gartenbauschule Ahlem und den ->Bahnhof Fischerhof in Linden in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Im September ermordeten ihn die Nazi-Schergen im Vernichtungslager Treblinka.
https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_nwd_420723.html, zuletzt aufgerufen am 6. 11. 2021

https://de.wikipedia.org/wiki/Julius_Gumpel, zuletzt aufgerufen am 6.11. 2021

 

14. April 1944:

.... nach Theresienstadt "abgewandert". NLA  HA Hann.210, Acc.2004/024 Nr.121

28. Dez. 1942: "Die Bettstelle des Juden Israel Gumpel wurde für 20 Reichsmark versteigert." NLA  HA Hann.210, Acc.2004/023 Nr.1220

Elisabeth Brämswig musste sich nach dem Kriege
nicht verantworten. Mehr Infos -> Elisabeth Brämswig



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"Wir brauchen Heime"

"Pimpfe" in Waldheim an der

Rosskampstraße/ Ecke Dittmerstraße fordern 1934

HJ-Heime.

Historisches Museum Hannover 065337

Die Hitler-Jugend suchte nach Heimen für Schulung, Spiel und Sport. „HJ-Heime ersetzen die Sturmlokale der SA in der Kampfzeit“ forderte die Nazi-Zeitung "Völkischer Beobachter" am  19. 1. 1937.
Als erstes besetzten Hitler-Jungen im Sommer 1934 das Heim des katholischen Schülerbundes „Neudeutschland“ auf dem Gelände der heutigen Freien Waldorf-Schule am Rudolf-von- Bennigsen-Ufer. Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein: Geschichte der Stadt Hannover. Band 2. Schlütersche Hannover, 1994, S. 545
Regierungspräsident Rudolph Diels unterrichtete in einem Rundschreiben „ Förderung der Heimbeschaffung der Hitler-Jugend“  die Landräte des Bezirks und die Oberbürgermeister von Hannover und Hameln am 27. Januar 1937:
„Das Ziel der Heimbeschaffungsaktion ist, dass jede Gemeinde, in der eine Schule vorhanden ist, auch ihr eigenes Jugendheim erhält“. Durch  „Einsparung bei anderen Haushaltsansätzen (soll) ein Mehrbetrag für die Heimbeschaffung“ zur Verfügung gestellt werden.   Schreiben von Regierungspräsident Rudolph Diels an Landräte und Oberbürgermeister vom 27. Januar 1937, Nieders. Landesmuseum V.V. P17, Nr. 2647.
   
Zusätzlich wurde die  Hitler-Jugend aufgefordert, auf den Straßen Hannovers zu stehen und mit Sammelbüchsen um Spenden für die Errichtung von Jugendherbergen und Heimen zu werben.   Hannoverscher Anzeiger, 14. April 1937

Oberbürgermeister Arthur Menge stellte 1937 fest: "25.000 Jugendliche in Hannover kommen für Jugendheime infrage." Schreiben  an den Standortführer der Hitler-Jugend, 17. September 1936, Stadtarchiv Hannover, HR Nr. 102 Jugendheime

 
Am 10. Februar 1937 weist der Oberbürgermeister Arthur Menge vorhandene HJ-Heime nach:  Oberbürgermeister Arthur Menge: Nachweisung über die in der Stadt Hannover bereits vorhandenen HJ-Heime. 10. Febr. 1937. Sonderakte Jugendheimbeschaffung für die Hitler-Jugend, Hauptstaatsarchiv Hannover, Hann 180 Hann E4 Nr. 200

•    Paul-von-Hindenburg-Jugendherberge  am Maschsee, ein Gebäudeflügel bereitgestellt für die Schulung von HJ-Einheiten (heute Teil der Freien Waldorfschule)
•    Stadteigenes Jugendheim Bella Vista hergerichtet (später zusammen mit dem Haus Stiftstraße als HJ-Führerheim verwendet)
•    Am Lindener Berg 8 A, seit 1914 Jugendheim, heute Jazzclub, 10 Räume
•    Turmstraße 1 (Hainholz), 11 Räume
•    Tiergartenstraße 113 (Kirchrode), 10 Räume
Ca. 300 Räume (Klassenzimmer, Zeichensäle, Musikzimmer, Nadelarbeitsräume usw.) sollten u.a. in folgenden Schulen den Gliederungen der Hitler-Jugend zur Mitbenutzung überlassen werden. Begründung: Die Anzahl der Jungen in der Hitler-Jugend habe um 30%, die der Mädel um 100 % zugenommen.
•    Bürgerschule 20, Alemannstraße, 1 Raum
•    Bürgerschule 33, Meterstraße, 1 Raum  

      Bürgerschule 35, Am Lindenhof (Döhren), 4

      Räume
•    Bürgerschule 38, Matthäikirchstraße (Wülfel), 2

      Räume
•    Bürgerschule 42, Mecklenheidestraße (Stöcken),

     1 Raum
•    Bürgerschule 52, Hennigesstraße (Linden), 2

     Räume
•    Bürgerschule 62, Fuldastraße (Leinhausen), 1  

      Raum
•    Lotte-Kestner-Schule, Meterstraße, 1 Raum
•    Elisabeth-Granier-Schule (Bonifatiusplatz), 1    

      Raum
•    Stadttöchterschule III, Ludwigstraße, 1 Raum
•    Bürgerschule 56, Diesterwegstraße,

      (Badenstedt), 3 Räume
•    Staatliches Goethe-Gymnasium, Goethestraße

      24, 2 Räume

Paul-von-Hindenburg-Jugendherberge, 1935 auf einem von der Stadt Hannover kostenlos überlassenen Grundstück erbaut. Enthielt eine Führerschule von Hitler-Jugend und Bund Deutscher Mädel. Im 2. Weltkrieg stark beschädigt, ab 1. Oktober 1945 von der Freien Waldorfschule bis heute genutzt. https://www.postkarten-archiv.de/paul-von-hindenburg-1847-1934-in-hannover.html

Archiv Michael Tappen

Städtisches Jugendheim Bella Vista, ab 1936 Führerschule der Hitler-Jugend. Im Krieg zerstört. Seit 2002 befindet sich auf dem Gelände die International School Hannover

https://de.wikipedia.org/wiki/Bella_Vista_(Hannover)

Geplante Neubauten:
•    Hainholz: Räumung der alten Schule, Herrichten

     eines ständigen Heimes                                      
•    Justus Garten am Eingang der Steintormasch,

      Wilhelmshavener Straße für 2600 Jungen und

      Mädel
•    Neubau eines Großheims „Ballhof“ für 3200

      Jungen und Mädel
•    Planung eines Heimes in Vahrenwald mit

      Appellplatz und Sportplatz
•    Planung eines Hitler-Jugendheims in Ricklingen

      für 1600 Jungen und Mädel
 Schreiben Oberbürgermeister Arthur Menge an den Standortführer der Hitler-Jugend, 17. September 1936, Stadtarchiv Hannover, HR Nr. 102 Jugendheime
 Die neuen HJ-Heime Ballhof und Vahrenwald, Bauvorhaben in der Stadt Hannover. Nieders. Tageszeitung, 27. Juni 1937, Stadtarchiv Presseamt 297

Am 1.9. 1938 wurde ein Haus mit großem Gelände am Maschsee, Nähe Paul-von-Hindenburg-Jugendherberge,  von der „Deutschen Jugendkraft“, einer katholischen Jugendorganisation, als künftige HJ-Unterkunft übernommen.  Standortführer Oberbannführer Nickel: „44.000 zehn- bis achzehnjährige junge Menschen in Hannover hätten Anrecht auf solche Heime.“   HJ-Unterkunft „Maschsee“, Übergabe durch Kreishauptamtsleiter Schwager. Nieders. Tageszeitung 1. September 1938, Stadtarchiv Presseamt 297

Für die Marine-HJ  und die Marine-SA wurde im Sommer 1938  begonnen, Bootshäuser  am Maschsee zu bauen. Niedersächsische Tageszeitung vom 21. Juli 1938, Stadtarchiv Hannover, Presseamt 297

Von den geplanten Großbauten konnte bis zum Beginn des 2. Weltkrieges nur das HJ- und BDM-Heim Ballhof mit geplanten Baukosten von 360.000 Mark realisiert worden. Es galt  als eines der schönsten Hitler-Jugendheime Deutschlands und wurde  am 2. Juli 1939 eingeweiht. Sonderakte Jugendheimbeschaffung, 22. Juni 1937, Nieders. Landesmuseum Hann. 180 Hannover e4 Nr. 200.
Anstelle der Errichtung weiterer  Hitler-Jugend-Heime mussten während des Krieges Dachgeschoßräume von Bunkern in Misburg, Langenhagen und am Welfenplatz genutzt werden.  Schreiben Stadtbauamt an den Stadtturnrat Dunkelberg, 29. April 1941, Stadtarchiv Hannover HR 20 Nr. 102

"HJ-Unterkunft Maschsee". Ausschnitt aus Niedersächsische Tageszeitung 1. Sept. 1938

Stadtarchiv Hannover Presseamt 297

Plan Bootshaus für die Marine-HJ.

Nieders. Tageszeitung, 21.7.1938

Von den geplanten großen HJ-Heimen in der Stadtmitte Hannovers, in Herrenhausen, Ricklingen und Vahrenwald, wurde nur das HJ-Heim am Ballhofplatz gebaut. Nieders. Landesmuseum Hann. 180 Hannover e4 Nr. 200.