Bücherverbrennung im Mai 1933 in Hannover. Erkennbar haben Vertreter studentischer Verbindungen mit ihren Fahnen (links oben) Aufstellung um den brennenden Scheiterhaufen für die Bücher genommen. Quelle: „Die Weltschau, Illustrierte Wochenschrift des Hannoverschen Tageblattes“, 21. Mai 1933.
An der Geibelbastion am Maschsee sind zwei Informationstafeln zur Bücherverbrennung (2013) und zum Bismarckturm (2014) aufgestellt worden. Jährlich wird hier am 10. Mai öffentlich der Bücherverbrennung gedacht. Foto: Privat, Karte: openstreetmap
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Bücherverbrennung in den Maschwiesen
Als „Aktion wider den undeutschen Geist“ beauftragte Reichspropagandaminister Dr. Goebbels den Nationalsozialistischen Studentenbund mit
der Ausmerzung „undeutscher Kunst und Literatur“ . In Hannover durchkämmten Mitglieder des studentischen „Kampfausschusses“, meist in SA-Uniform, in pedantischer Kleinarbeit Buchläden,
Leihbüchereien, Schul- und Hochschulbibliotheken und auch private Bestände auf der Suche nach politischer Literatur. Im Brennpunkt standen Werke von jüdischen und politisch linken
Autoren.
Die zu verbrennenden Bücher wurden in der Technischen Hochschule, der Tierärztlichen Hochschule, im Goethegymnasium, Realgymnasium, in
der Leibnizschule und der Humboldtschule sowie in der Staatlich-städtischen Handwerker- und Kunstgewerbeschule gesammelt. Eine Wagenladung mit Büchern fuhr am 10. Mai 1933
in Begleitung eines studentischen Fackelzuges durch die gesamte Innenstadt zur Bismarcksäule, die sich etwa in Höhe der Geibelbastion befand, dort, wo sich heute der Maschsee
erstreckt.
Redner wie der Dozent der technischen Hochschule Victor Curt Habicht feuerten die Studenten „unter dem Jubel der großen Zuschauermenge“
(Quelle: "Weltschau, 21. Mai 1933) an, Werke von Karl Marx, Karl Kautsky, Heinrich Mann, Erich Kästner, Kurt Tucholsky, Heinrich Heine und vieler anderer auf einen Scheiterhaufen zu
werfen.
Quelle: Julia-Berlit Jackstien/Karljosef Kreter. Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 in Hannover. Kleine Schriften zur Erinnerung.
„Betr.: Aktion gegen die Schmutz- und Schundliteratur“
Am Sonnabend Vormittag erschienen zwei S.A.–Leute in der wohl als national zu bezeichnenden Buchhandlung Richard Beek, Lister Platz, und verlangten die Herausgabe von "exotischen" Schriften.
Nachdem sich nach einigem Hin und Her herausgestellt hatte, dass sie "erotische" Schriften meinten, wurden ihnen einige Bücher ausgehändigt. Die beiden S.A.-Leute verließen dann den
Laden...“
(Brief des Kaufmanns Kurt Wahren, Hubertusstr. 1., Hannover-List an die Parteizentrale der NSDAP Hannover vom 9. Mai 1933)
Nds. Landesarchiv HStAH: Hann. 320 IV Nr.10
Aufruf zur Bücherverbrennung in Hannover in einem Plakat vom April 1933
Der 1904 auf studentische Initiative errichtete Bismarckturm auf dem angeschütteten Hügel in der Aegidienmasch. Im Vordergrund die Maschwiesen, die für den künftigen Maschsee vorbereitet werden. Im Hintergrund die Silhouette der 1911 eingeweihten Bismarckschule.
https://de.wikipedia.org/wiki/Maschsee
Quelle: Sammlung Werner Heine
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Wissen + Verstehen = Anwenden:
Die Bücherverbrennungen dienten der Politik der
"Gleichschaltung" und der Unterdrückung der freien Meinung. Zugleich sind sie Höhepunkt der Kampagne "Wider den undeutschen Geist", mit der die vom
NS-Studentenbund dominierte Deutsche Studentenschaft ab März 1933 begann, jüdische und politisch missliebige Schriftsteller zu verfolgen z. B. Erich
Kästner, Heinrich Mann, Kurt Tucholsky. -->>
Heinrich Heine, dessen Schriften die Nationalsozialisten ebenfalls verbieten ließen, legte bereits 1820 seinem Protagonisten Hassan in dem Trauerspiel "Almansor" eine düstere Prophezeiung in den Mund:
„Das war ein Vorspiel nur. Dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen."
Diese Worte sollten sich in Deutschland wenige Jahre nach 1933 bewahrheiten.