Eine Krankenschwester des Roten Kreuzes gibt Medizin an einen Überlebenden des KZ Ahlem.
United States Holocaust Memorial Museum, Washington, 07600
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"Auschwitz fand in Hannover statt!"
Das KZ- und Terrorsystem des nationalsozialistischen Deutschland versteckte im Laufe des Krieges die Konzentrationslager nicht mehr weit entfernt von großen Städten.
Außenlager entstanden auch in den Städten, deren Rüstungsindustrie Arbeitskräfte benötigte.
Auschwitz lag nun nicht mehr im fernen Polen. Als Folge der Verlegung des Auschwitz-Außenlagers Laurahütte mit Häftlingen und Wachmannschaften auf den Mühlenberg fand Auschwitz in Hannover statt!
Den drastische Mangel an Arbeitskräften sollten sieben Außenlager des Konzentrationslagers Neuengamme in der Nähe oder auf dem Gelände
von hannoverschen Industrieunternehmen ausgleichen: Akkumulatorenfabrik (später Varta) in Stöcken, Continental in Stöcken - ab November 1944 verlegt nach Ahlem - und Limmer,
DEURAG/NERAG in Misburg, Brinker Eisenwerke in Langenhagen, Hanomag auf dem Mühlenberg
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Die Unternehmen bezahlten einen Tageslohn an die SS. Diese wiederum zielte durch brutale Ausbeutung und Terror auf eine „Vernichtung durch Arbeit“.
Gegen Kriegsende wurden 3.380 hannoversche KZ-Häftlinge ab 6. April 1945 in mehreren Todesmärschen durch die Dörfer Isernhagen, Burg-wedel, Fuhrberg und Winsen zum KZ Bergen-Belsen
getrieben. (Quelle: Julius H.Krizsan, Die "Todesmärsche" durch Winsen (Aller) im April 1945. Stand 1.5. 2017, Seite 25)
Wer nicht mehr weiterkonnte, wurde gnadenlos von den Bewachern erschossen.
Die zurückgelassenen 200 Kranken im Lager Ahlem erlebten am 10. April 1945 ihre Befreiung durch amerikanischen Truppen.
Gefangene des Lagers Stöcken erlitten zusammen mit Häftlingen aus dem KZ Mittelbau-Dora ein besonders schlimmes Schicksal: Am 13. April 1945 verbrannte die SS 1.000 Gefangene lebendig in einer
Feldscheune bei Gardelegen.
Zeichnungen eines Überlebenden
Der Maler, Bildhauer und Schriftsteller René Baumer wurde 1944 als Widerständler in Frankreich verhaftet und in das KZ Neuengamme und von dort in das Außenlager Hannover-Stöcken AFA gebracht. Er
überlebte den Todesmarsch nach Bergen-Belsen und die Befreiung der Häftlinge am 15. April 1945. Im Mai 1945 kehrte er nach Frankreich zurück.
Die Zeichnungen von René Baumer wurden dem Buch "Verzweiflung und Sehnsucht nach Freiheit" entnommen, herausgegeben vom Verein Gegen das Vergessen ./.
NS-Zwangsarbeit e.V., und mit freundlicher Genehmigung des VSA:Verlag, Hamburg, 2021
Die AFA-Fabrikzentrale vom Lager aus gesehen.
Stöcken, 8.2.1945
Bei Fliegeralarm werden die Häftlinge unter Schlägen von "Kapos" (Häftlinge, die im Auftrag der SS andere Häftlinge mit Schlägen und Schikanen beaufsichtigten) in die Splitterschutzgräben getrieben, wo sie stundenlang im kniehohen eiskalten Wasser stehen mußten.
Stöcken, Dezember 1944
Hinrichtung eines entflohenen Häftlings. Auf der rechten Hosentasche ein roter Mond als Zeichen der Fluchtverdächtigen. Der Gemarterte stirbt langsam, er wird erdrosselt. Stöcken, 19.August 1944
Die Arbeit mit flüssigem Blei für die Akkumulatoren-Herstellung führte zu schmerzhaften Bleikoliken und zur langsamen Vergiftung. Menschen, die bis auf die Knochen abgemagert, dem Hungertod nahe und kaum noch ansprechbar waren, wurden in der Lagersprache "Muselmann" genannt.
Stöcken, 9.1. 1945
Zeichnung eines "Kapo". René Baumer: "Kapo Walter, genannt "Freibeuter", besaß die Fähigkeit eines Raubmörders."
Stöcken, März 1945
Lesezeit: 40 Sekunden
Mahnmal KZ-Außenlager Ahlem, Am Mahnmal
Um sich gegen Bomberangriffe der Alliierten zu schützen, verlegte die Rüstungsindustrie Produktionsstätten zunehmend unter die Erde. Die Continental Gummi-Werke
und die Maschinenfabrik Niedersachsen Hannover wählten dafür ein unter Wasser stehendes Asphalt-Stollensystem in Ahlem.
Ab Ende November 1944 schufteten 750 jüdische Häftlinge in Tag- und Nachtschichten mit Hämmern und Spitzhacke unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen. Jeden Monat starben Hunderte von Häftlingen beim Ausbau der Stollen und wurden aus dem Stammlager Neuengamme ersetzt.
Zur Produktion kam es nicht mehr. Wer gehen konnte, wurde im „Todesmarsch“ nach Bergen-Belsen getrieben. Etwa 200 Kranke wurden von amerikanischen Truppen am 10. April 1945 befreit – unter anderem vom späteren Außenminister Henry Kissinger.
-> https://de.wikipedia.org/wiki/KZ-Au%C3%9Fenlager_Hannover-Ahlem
Fotos: Privat, Karte: openstreetmap
Dem Todesmarsch entronnen: Als krank zurückgelassene Häftlinge nach der Befreiung des KZ .Ahlem am 10. April 1945 durch amerikanische Truppen. United States Holocaust Memorial Museum, Washington 0036
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Mahnmal KZ-Außenlager für Frauen Brink-Hafen, Hackethalstraße
Viehwaggons aus dem KZ Stutthof bei Danzig transportierten im Oktober 1944 über 500 weibliche Häftlinge - polnische Frauen, die während des
Warschauer Aufstandes verschleppt wurden - nach Langenhagen. In den Brinker Eisenwerken wurden sie zur Produktion von Flugzeugteilen, Waffen und Munition gezwungen.
Nach Luftangriffen verlegte die SS Anfang Januar 1945 alle Häftlinge in das KZ-Außenlager Limmer.
Am 6. April 1945 wurden sie auf den Todesmarsch nach Bergen-Belsen getrieben. Dort befreiten Allierte die Überlebenden am 15. April 1945.
Fotos: Privat, Karte: openstreetmap
Werk II der Brinker Eisenwerke in Hannover-Langenhagen Foto: Privatbesitz, vor 1945 (ANg 2014-596). Aus Buch „Man hörte auf, ein Mensch zu sein", VSA-Verlag
Lesezeit: 30 Sekunden
Gedenktafel KZ-Außenlager für Frauen, Ecke Sackmannstraße/Stockhardweg
Trotz internationaler Ächtung befürchteten die deutschen Militärs Gasangriffe der Alliierten. Die Continental Gummi-Werke in Limmer ließen Mitte
1944 ein KZ-Außenlager neben der Fabrik errichten. 500 Häftlinge - Französinnen , Belgierinnen, Italienerinnen, Luxemburgerinnen, Spanierinnen und Russinnen - aus dem KZ
Ravensbrück produzierten in Tag- und Nachtarbeit Gasmasken am Fließband.
Die Baracken waren nach dem Zuzug von 500 weiblichen Häftlingen der Brinker Eisenwerke hoffnungslos überbelegt.
Vor dem Eintreffen der Amerikaner in Hannover schleppten sich die Häftlinge nach Bergen-Belsen, Kranke wurden am 10. April 1945 im Lager Limmer befreit.
Fotos: Privat, Karte: openstreetmap
Französische Frauen aus dem KZ Limmer.
Historisches Museum Hannover 00797
Lesezeit: 20 Sekunden
Gedenkplatte KZ-Außenlager Mühlenberg, Kirchenzentrum Mühlenberg, Dietrich-Bonhoeffer-Kirche, Mühlenberger Markt 5
Das Zwangsarbeiterlager Mühlenberg befand sich in 3 km Nähe zum Rüstungsbetrieb Hanomag. Anfang Februar 1945 nutzte die SS einen Teil des
Lagers als KZ für jüdische Häftlinge des Lagers Laurahütte (einem Nebenlager des KZ Auschwitz) in der Nähe von Kattowitz. Auf dem Transport nach Hannover
starben 134 der aus Polen und Ungarn stammenden Menschen. In der Hanomag schufteten die Häftlinge für die Produktion von
Flakgeschützen. 79 Häftlinge starben in 2 Monaten. Viele von ihnen wurden in Massengräbern zwischen den Baracken verscharrt. Nach der
Räumung des Lagers am 6. April 1945 erschoss die SS 50 zurückgelassene kranke Häftlinge. Der Lagerkommandant wurde nach Kriegsende zum
Tode verurteilt und hingerichtet.
Foto: Privat, Karte: openstreetmap
Die jüdischen Häftlinge wurden jeden Tag in das 3 km entfernte Rüstungsunternehmen Hanomag getrieben.
Postkarte Deisterplatz 1910
Lesezeit: 20 Sekunden
Mahnmal KZ-Außenlager Misburg, Hannoversche Straße
Nach verheerenden Luftangriffen auf die kriegswichtige Erdölraffinerie DEURAG/NERAG Mai/Juni 1944 entstand Ende Juni 1944
auf dem Werksgelände zur Trümmerräumung ein Konzentrationslager für ca. 1000 männliche Häftlinge aus Russland, Polen und Frankreich.
Bomben-Suchkommandos spürten unter Lebensgefahr Bomben im Werksgelände und den Wohngebieten Misburgs auf. 55 Todesfälle sind
dokumentiert.
Das Lager wurde am 6. April 1945 aufgelöst.
->https://www.kz-gedenkstaette-neuengamme.de/geschichte/kz-aussenlager/aussenlagerliste/hannover-misburg/
Fotos: Privat, Karte: openstreetmap
Gelände der DEURAG/NERAG nach den Luftangriffen 1944.
CL 3418 Imperial War Museum, London
KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter wurden zum Räumen von Blindgängern an hannoverschen Bahnstrecken gezwungen.
Historisches Museum Hannover, 009985
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Denkmal KZ-Außenlager Stöcken (AFA), Garbsener Landstraße/Auf der Horst
Im Juli 1943 errichteten Häftlinge neben der damaligen Akkumulatoren-Fabrik AG ein KZ-Außenlager für 1500 Häftlinge.
Die gefährliche Produktion von Batterien für U-Boote und Torpedos ohne Sicherheitsmaßnahmen, die schlechte Ernährung und die brutale Behandlung durch die Wachmannschaften führten zu vielen hundert Todesfällen. Nach Räumung des Lagers am 6.
und 8 April trieb die SS „marschfähige“ Häftlinge in das KZ
Bergen-Belsen.
Fotos: Privat, Karte: openstreetmap
KZ Stöcken Akku. Vor dem Kreuz befindet sich ein Massengrab. Aufnahme von 1946. Imperial War Museum, London, BU 9401
Im KZ Stöcken und anderen Konzentrationslagern starben hunderte Häftlinge noch nach der Befreiung an Auszehrung und Krankheiten.
Die zuvor in Massengräbern auf dem KZ-Gelände verscharrten Leichen wurden 1946 geborgen und in Särgen bestattet. Historisches Museum Hannover,
12008
Lesezeit: 10 Sekunden
Zum KZ Hannover-Stöcken (Continental) gibt es weder eine Gedenkstätte noch eine Erinnerungstafel. Für das Außenlager des KZ's Neuengamme wurde
das vorhandene Barackenlager für Zwangsarbeiter "aller Nationen" benutzt - ergänzt um einen 3 m hohen Elektrozaun mit Sichtblenden. Es lag in direkter Nachbarschaft des Conti-Werks nord-westlich
der Stelinger Straße. 1000 polnische Juden stammten aus dem geräumten Ghetto von Lodz, hatten Auschwitz in einem Transport verlassen und erreichten
das Conti-Lager am 7./8. September 1944.
Kommandoführer war der berüchtigte Otto Harder - siehe Täter. Die Häftlinge mußten 11 Stunden in der
Reifenproduktion arbeiten. 80 Häftlinge starben an Hunger und Entkräftung. Weil die kriegswichtige Produktion der Conti unter die Erde verlagert werden sollte, wurde in Ahlem ein Asphalt-Stollen
ausgehoben. Die SS verlegt die Häftlinge nach Aufforderung durch Continental am 30. November 1944 in das neben dem Stollen gelegene KZ-Außenlager Hannover-Ahlem. ->https://www.kz-gedenkstaette-neuengamme.de/geschichte/kz-aussenlager/aussenlagerliste/hannover-stoecken-continental/
Foto: Openstreet-map
Lesezeit:60 Sekunden
Wissen + Verstehen = Anwenden:
In den KZs wurden ohne jede Gerichtsverhandlung Menschen inhaftiert, die dem nationalsozialistischen Bild der Volksgemeinschaft nicht entsprachen: „Asoziale“,
„Arbeitsscheue“, mehrfach Vorbestrafte, Homosexuelle, Zeugen Jehovas, Juden, Roma und Sinti. Mit Beginn des 2. Weltkrieges wurden Zivilpersonen und Kriegsgefangene aus den
besetzen Ländern wie Polen, Frankreich, Tschechien Niederlande, Belgien und Jugoslawien zur „Vernichtung durch Schwerst-Arbeit“ gezwungen – in Konzentrationslagern oder in deren
Außenlagern, die häufig in der Nähe von Rüstungsbetrieben errichtet wurden.
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Der Anteil der deutschen Häftlinge lag nur noch bei 5 – 10 %.
Während der Judenverfolgung nach dem Einmarsch in Polen und in die ehemalige Sowjetunion entstanden die Vernichtungslager mit dem einzigen Ziel, Juden, Roma, Sinti und andere Minderheiten massenhaft zu ermorden.
Grundlage für diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit war die Ansicht der Nazis, die Deutschen seien als "Arier" überlegen.
Verachtung und Herabsetzung von anderen lässt sich auch heute wieder feststellen: so sind viele voreingenommen z. B. gegenüber
"Asylanten", Mitbürgern aus dem Nahen Osten oder Afrika, Obdachlosen, Beziehern von Sozialeinkommen u.v. mehr.